Home | Theater/Musik | „Gedenkst Du noch manchmal der Zeiten …..“ Zur 100. Aufführung „Die Cardasfürstin“ an der Muko Leipzig
„Gedenkst Du noch manchmal der Zeiten  …..“        Zur 100. Aufführung „Die Cardasfürstin“ an der Muko Leipzig

„Gedenkst Du noch manchmal der Zeiten …..“ Zur 100. Aufführung „Die Cardasfürstin“ an der Muko Leipzig

Der Schreiber dieser Zeilen hätte es nie für möglich gehalten, dass diese – optisch und gedanklich – so absolut armselige Inszenierung von Emmerich Kálmáns Operette „Die Cárdásfürstin“ 100 Mal über die Bühne der Musikalischen Komödie Leipzig gehen würde. Warum? Die Inszenierung schwelgt weder in k.u.k Samt und Seide, noch prügelt sie uns in einer Regietheater-Ernüchterungswelt zu krampfhaftem Nachdenken. Das schlimme ist, sie macht eher gar nichts, außer vielleicht ein paar altbackenen Späßchen. Rundrum goldbraune Bühnenwände. Bestenfalls könnte ich sagen: Die Szene, frei von gesellschaftskritischem Anspruch, frei von Reibung oder gar Provokation spielt innerhalb eines Sektkorkens. Triumpf des Spar-Grauens. An der Ausstattung und der Inszenierung wirkt alles wie aus dem Fundus zusammengesucht, auch ihre wohlfeilen Späßchen selbst.

„Früher war alles besser“
Die älteren Muko-Gänger erinnern sich gerade auf Grund der üppigen Ausstattung und der Starbesetzung sehr wohl an die vorherige „Cárdásfürstin“. Was war in der Mangelwirtschaft noch alles möglich. Heute wirken Chor und Ballett zahlenmäßig wie eine Andeutung ihrer selbst – usw. usf.

Genug solcher Polemik anläßlich eines 100.! Dieser Abend rief wie jede der 99 Vorstellungen davor anhaltenden Beifall beim Publikum hervor. Der Grund liegt darin, dass man diese „Cárdásfürstin“ in Leipzig zwar nicht ansehen kann, dafür aber dafür gehört haben muß!
Ihr nachweisbar große Erfolg ist zu 40% dem Können der Darsteller und dem Orchester der Musikalischen Komödie zu danken.

Wechselbad der eingäniger Melodien
Letzteres macht unter Leitung von Tobias Engeli sowohl im differenziert aufmerksamen Zusammenspiel mit den wunderbaren Sängern, wie in den wenigen gesangsfreien Passagen einen guten Eindruck. Es vergnügt unbedingt zuzuhören, wie die Damen und Herren im tiefen Muko-Graben die abwechslungsreiche Instrumentierung von Emmerich Kálmán dreistündigen Wechselbad aus rhythmisch-pulsierenden Tänzen, kraftvollen Arien und schwelgerischen Melodien zum Klingen bringen.

Dann erlebt man dieses wundervoll eingespielte Ensemble des traditionsreichen Operettenhauses, mit seinem spielfreudigen Chor und seinem Ballett.

Die Csardasfürstin

Erstklassig besetzt bis in kleinste Nebenrollen
Anne-Katrin Fischer gibt eine hinreißende Fürstin Anhilte. Karl Zugowski (a.G.) gibt den alten, vom Leben gebeutelten Fürsten und des sängerisch sehr beeindruckenden Edwin von Radoslaw Rydlewsi. Andreas Rainer ist ein lustiger, sympathischer Graf Boni Kaucsiano, Milko Milev ein freundlicher Feri Bácsi. Sängerisch wie darstellerisch ganz hervorragend besetzt sind die beiden weiblichen Hauptpartien der Operette: wir erlebten eine entzückende Stasi von Iva Schell und eine liebenswerten Sylva von Lilli Wünscher. Für die Qualität des Darstellerensembles spricht übrigens auch, dass man bis in die Nebenrollen mit exzellenten Darstellern punkten kann, wie dem Notar Kiss, den der Komiker Thomas Heidecke (a.G.) zum bemerkenswerten Erlebnis gestaltet.

Die restlichen 60% vom Erfolgt kommen verläßlich aus dem Werk selbst. Emmerich Kalman war ein Genie. Und für die Unsterblichkeit seiner Kompositionen spricht nicht nur, dass sie solche Inszenierungen wie Peter Konwitschny 1999/2000 an der Semperoper Dresden bedienen kann, sondern auch solche wie die aktuell in Leipzig zu besichtigende trägt.In Leipzigs Dreilindenstraße bedankte sich das Publikum für einen Ausflug in die Welt der wahren Liebe und Leidenschaften, mit tosendem Applaus.

Moritz Jähnig

Die nächsten Aufführungstermine:

http://www.oper-leipzig.de/de/programm/die-csardasfurstin/54124

Annotation
„Die Cádàsfürstin“.
Operette von Emmerich Kámán. Oper Leipzig. Musikalische Komödie.
Musikalische Leitung Tobias Engeli. Orchester der Musikalischen Komödie Leipzig
Inszenierung Franziska Severin; Bühne Thomas Gabriel; Kostüme Sven Bindseil; Choreografie Monika Geppert; Choreinstudierung Mathias Drechsler.
Darsteller: Leopold Maria, Fürst von und zu Lippert-Weylersheim, Karl Zugowski (a.G.); Anhilte, seine Gemahlin, Anne-Katrin Fischer; Edwin, Radoslaw Rydlewsi; Komtesse Stasi, Iva Schell, (a.G.); Graf Boni, Andreas Rainer; Sylva Varescu, Lilly Wünscher; Eugen von Rohnsdorf, Kostadin Arguirov; Ferie Baácsi, Milko Milev; Botschafter, Roland Otte; Notar Kiss, Thomas Heidecke (a.G.); ein Groom, Holger Mauersberger; Zigeunermusilkanten: Thomas Prokein, Marko Drechsel, Norbert Stark

Verwendete Szenenbilder aus Archiv
Quelle: Oper Leipzig © Andreas Birkigt

Scroll To Top