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FREIBERG: Telefon und Mantel

FREIBERG: Telefon und Mantel

Rückblick auf zwei erfolgreiche Operneinakter am Theater Freiberg

Das Mittelsächsische Theater gibt in Freiberg zwei Einakter an einem Abend. Neben Puccinis „Mantel“ ist auch ein weniger bekanntes Stück von Gian Carlo Menotti zu hören: „Das Telefon“. Der Geheimtipp war leider nur bis zum 16.10.2021 auf dem Spielplan! Wir erinnern an dieser Stelle aber gern an diesen großen Erfolg.

Gespielt werden die beiden Stücke nicht, wie man erwarten sollte, im Freiberger Theater sondern in der Nikolaikirche, gleich gegenüber. Einerseits ist dies eine coronakonforme Spielstätte mit viel Platz und andererseits stellt dieser Ort eine Einschränkung dar: Zwischen Premiere (02.10.2021) und letzter Vorstellung liegen nur 14 Tage, da das Theater sich dort nur einmietet.

Der Abend beginnt mit dem „Telefon“ von Menotti. Ein junger Mann möchte vor seiner Abreise seiner Freundin einen Heiratsantrag machen. Kurz vor dem entscheidenden Moment klingelt das Telefon. Und die junge Frau hat zunächst mit Ihrer Freundin und anschließend gefühlt mit der halben Stadt allerlei zu besprechen. Der Jüngling verzweifelt zusehends, kommt dann aber zu einer naheliegenden Lösung …

Das junge Fräulein gibt in Stimme und Spiel hübsch und völlig passend Lindsay Funchal. Den Mann singt Uli Bützner als Gast am Mittelsächsischen Theater. Auch diese Darstellung ist gelungen und man kann Herrn Bützner ein gutes Stimmmaterial bescheinigen. Etwas mehr Selbstsicherheit auf der Bühne wird sich hier sicher bald von allein einstellen. Mit ein wenig Arbeit an der Mimik könnte die vorhandene Schönheit des Künstlers noch besser zur Geltung kommen.

Man liest irritiert, dass das Werk schon 1947 entstanden sei und denkt im ersten Moment, dass es ein Irrtum sein müsse. Da war jemand dem Handyzeitalter aber deutlich voraus. Ein ganz großes Lob geht an die Ausstattung (Tilo Staudte) und den Malsaal für das hervorragende Bühnenbild. Im Mittelpunkt steht dabei ein täuschend echt gestalteter Schiffscontainer. Dieser bildet auch die Klammer zwischen beiden Stücken. Das Rendezvous im „Telefon“ findet am Ufer statt und die Handlung des „Mantels“ spielt auf einem Lastkahn im Hafenmilieu.

In Puccinis Werk haben der Schiffer Michele und seine Frau Giorgetta sich entfremdet. Dabei war Ihre Beziehung das einzig Schöne in beider Leben, denn der Alltag besteht aus viel Arbeit und ist grau und trist. Noch härter haben es die Löscher. Sie sind Tagelöhner und schuften auch mit kaputten Körpern noch weiter. Unter diesen Arbeitern hat sich Giorgetta einen Geliebten gewählt: Luigi. Michele bleibt dies nicht verborgen und das Ganze endet tragisch.

Die drei Hauptdarsteller des Stückes sind Leonora Weiß-del Rio als Giorgetta, Elias Han als Michele und Frank Unger als Hafenarbeiter Luigi. Den größten Eindruck hinterlässt dabei Herr Han mit einer extrem dichten und intensiven Gestaltung des Michele. Solches Können ist nicht verborgen geblieben und so ist Elias Han bereits in dieser Spielzeit beim Theater Bremen unter Vertrag. Frau Weiß-del Rio gestaltete mit viel Dramatik eine Frau, die den Geliebten nicht als Mensch sondern als Lichtblick in ihrem Leben braucht. Und Frank Unger sang ausdrucksstark einen intelligenten Arbeiter, dessen Entfaltung durch seine Herkunft verhindert wurde.

Die schönste Überraschung des Abends war ein weiterer Gast: Murilo Sousa als Hafenarbeiter Tinka, vor allem aber als Liederverkäufer! Ganz bezaubernde italienische Klänge schwebten aus seinem Mund durch das Kirchenschiff. Das zweite Opernpaar gaben Grzegorz Rozkwitalski als Hafenarbeiter Talpa und Dimitra Kalaitzi-Tilikidou als dessen Frau. Diesen Figuren ist die Liebe zueinander erhalten geblieben und sie schöpfen Kraft aus ihren bescheidenen Träumen. Diese Darstellung gelang sehr gut und sympathisch.

Auch der Chor (Einstudierung Peter Kubisch) und die beiden Chorsolisten Munkhtsetseg Gantumur und Sang Tea Lee sind zu loben. Die Regie (Ralf-Peter Schulze) verstand es, auch die zweite Ebene des Stückes gut heraus zu arbeiten und zu zeigen, dass das soziale Elend wie ein Brandbeschleuniger bei extremen Entscheidungen wirkt. Das Publikum dankte zur Premiere mit langem, kräftigen Applaus für beide Stücke.

Falls es Ihnen in der kürze der Zeit möglich ist, gehen sie hin, sowie das Stück wieder auf dem Spielplan steht! „Das Telefon“ wird leider viel zu selten aufgeführt und „der Mantel“ ist in dieser Besetzung überaus beeindruckend. 

Eva Blaschke

https://www.mittelsaechsisches-theater.de/spielzeit/das-telefon-il-tabarro-der-mantel

CREDITS
Foto: © Jörg Metzner

Bild 1 (Titel): Lindsay Funchal und Uli Bützer  in „Das Telefon“ von Gian Carlo Menotti.

Bild 2 (im Text): Das Ende des Dramas: Elias Han  und Leonora Weiß-del Rio sowie im Vordergrund Frank Unger als Luigi.

Veröffentlich: 2.11.2021

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