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Phantasien vom Fliegen – Der Leipziger Maler Erich Kissing als Konstrukteur

Fliegen zu können, gehört wohl zu den ältesten Träumen des Menschen. Dass wir es heute sogar schon im Weltraum tun, verdanken wir den Errungenschaften der Wissenschaft und Technik. Aber ohne die menschliche Phantasie, die große Antriebskraft, wäre diese immer rasanter verlaufende Entwicklung auch zukünftig nicht möglich.

Von Dr. Dietulf Sander

Erich Kissing ist ein Maler, der in seinen handwerklich virtuos ausgeführten Gemälden Naturtreue und träumerische Phantasie miteinander verbindet. Seit 1968 beschäftigt ihn das Thema Fliegen. Damals sah er den Film „Die tollkühnen Männer in ihren fliegenden Kisten“, dessen Mischung aus umwerfender Komik, nostalgischem Erfindergeist und grotesker Action, ihn faszinierte und anregte, als Diplomthema mit einem kalendarischen Gemäldezyklus „Vom Fliegen“ zu beginnen. 1976 war die Folge von 13 Gemälden im einheitlichen Format von 30 x 42 cm vollendet. Sie umfasst die Geschichte der Luftfahrt beginnend mit einer kurios-realen Umsetzung des Münchhausenflugs mit gezähmten Vögeln bis zur Begegnung des Menschen mit einer intergalaktischen Zivilisation. Da gibt es Ballons, Otto Lilienthals Gleitflugapparat, genauestens erfasste Flugzeugtypen bevölkern unterschiedlichste Szenerien, überfliegen weiträumige Landschaften oder die Leipziger Innenstadt, werden bei ihrem Einsatz auf Baustellen gezeigt oder im ewigen Eis.

Das ausgewählte Gemälde gehört nicht unmittelbar zur Folge „Vom Fliegen“, erweitert sie aber um die phantasievoll-skurrile Eigenkreation eines Luftschiffes. Der im Verhältnis zu den Menschen am Strand und zu den Gebäuden riesige Rumpf liegt abflugbereit an der Saßnitzer Mole. Die rückwärtigen Propeller blasen kräftigen Wind in die sich blähenden Segel zweier gigantischer Masten, die sich über den Flügeln erheben. Alles ganz real erfasst, so dass man beim ersten Blick durchaus zu vermuten meint, das könnte so funktionieren. Die Maschine trägt ja auch – ganz nach dem Vorbild vieler sowjetischer Flugzeuge – stolz den Namen ihres Konstrukteurs. Und dann schwingt sich die Phantasie des Betrachters, beflügelt von der Faszination dieser kostbaren Malerei, der hintersinnigen Logik und liebevoll-ironischen Weltsicht des Künstlers, vielleicht auch selbst auf zu einem meisterlichen Flugmodell. Der menschlichen Phantasie stehen alle Möglichkeiten zur Verfügung. (2010)

 

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