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Signal für Erhalt der deutschen Stadttheaterlandschaft

Signal für Erhalt der deutschen Stadttheaterlandschaft

MUTHEA – Theaterfördergesellschaften tagten in der Europastadt Görlitz.

Für seine 21. Jahrestagung konnte sich der 1998 gegründete Dachverband der deutschen Musik- und Theaterfördergesellschaften (MUTHEA) keinen besseren Ort als Görlitz erwählen. Die an der alten Via regia gelegene Stadt mit ihrem großen Erfahrungsschatz als Handels- und Grenzstadt und dem unermesslichen Reichtum an Baudenkmälern punktet immer wieder – hoffentlich auch nach dem jüngstem Wahlergebnis.

                                                                                                            von Frieder Krause

MUTHEA mit seinen derzeit 45 Mitgliedsgesellschaften aus dem gesamten Bundesgebiet sieht sich als ein Netzwerk für den Erhalt der deutschen Stadttheaterlandschaft im bürgerlichen Engagement. Sie bündelt die Erfahrungen seiner Mitglieder, hilft bei der Bewältigung bürokratischer Herausforderungen und ist Sprachrohr gemeinsamer kulturpolitischer Ziele. Gerade kleinere Vereine können vom Austausch auf Augenhöhe viel profitieren, erhalten Ratschläge für Kommunikation oder Veranstaltungsformate.

Die aktuelle Mitgliederstärke kann noch nicht von einer wirkungsvollen Erfolgsgeschichte erzählen. Die Görlitzer Tage vom 10.-12. Mai 2019 können jedoch der Startschuss hinsichtlich Zuwachs und verstärkter Ausstrahlung gewesen sein. Daran hat die seit 2018 wirkende neue Vorsitzende, Katrin Lorbeer (Karlsruhe), einen großen Anteil. Sie sprach offen von einer „Entmuffung“.

Hoch konzentriert und gebündelt moderierte sie die in diese Tagung traditionell eingebundene Podiumsdiskussion mit Vertretern aus Politik und Kultur, machte sie zur besten in der Geschichte dieses Formats. An der Diskussion unter dem Motto „Chancen und Sinngrenzen der Institution Stadttheater“ beteiligten sich:

Klaus Arauner, Generalintendant Gerhart-Hauptmann-Theater Görlitz-Zittau

Dr. Michael Wieler,  Bürgermeister für Kultur und Stadtentwicklung Görlitz

Boris Michael Gruhl, Publizist; Theaterkritiker

Prof. Dr. Matthias Theodor Vogt, Institut für kulturelle Infrastruktur Sachsen

Sie wurde zu einem klaren Signal für den Erhalt der deutschen Stadttheaterlandschaft mit ihren 140 öffentlich getragenen Theatern. Bereits 2001-2003 führten Vertreter der MUTHEA Gespräche mit der damaligen Bundestagsvizepräsidentin Frau Dr. Antje Vollmer betreffs der Aufnahme dieser einmaligen kulturellen Werte in das immaterielle Weltkulturerbe. Den in ihr verankerten Spielstätten empfahl das Gremium, neben der Reaktion auf traditionelle Publikumswünsche und regionale Bezüge auf innovative Angebote für alle Generationen zu setzen und sich auch politisch zu positionieren. Boris Michael Gruhl erwähnte dabei das starke Engagement des Eduard-von-Winterstein-Theaters Annaberg, dessen Intendant immer wieder „Ausgrabungen“ anbietet. Kürzlich feierte dort eine Lortzing-Oper ihre Wiedergeburt nach 170 Jahren!

Katrin Lorbeer orientierte auch den eigentlichen Akt der Mitgliederversammlung auf die nötigste Konzentration der Regularien. So blieb Raum für vier Impulsvorträge. Wolfgang Schaller, Intendant der Staatsoperette Dresden, schilderte das Brennen für ein Ziel auf ungewöhnlichen Wegen. Prof. Bärbel Fliegel, Vorsitzende der Theaterfreunde Zittau e.V., erläuterte das trinationale Theaterspiel des Gerhart-Hauptmann-Theaters im Dreiländereck. Dr. Astrid von Schoenebeck, Geschäftsführerin der allyx Marketing GmbH, gab Ratschläge in Bezug auf Crowdfunding für gemeinnützige Kulturprojekte. Das Format der Impulsvorträge erwies sich als anregend und nützlich für die Tagungsteilnehmer und sollte beibehalten werden.

Die Vorsitzende und somit MUTHEA ist der DAKU e.V. Berlin beigetreten und auch Beirat desselben. Hinter der DAKU verbirgt sich ein bundesweiter Dachverband aller Kulturfördervereine. Somit erweitert sich das Netzwerk von MUTHEA bis hin zum Kultusministerium. Ulrike Petzold, geschäftsführender  Vorstand, referierte im 4. Impulsvortrag über die Möglichkeiten und Aufgaben von DAKU.

In den Berichten der Mitgliedsgesellschaften kristallisierte sich heraus, dass derzeit viele Theaterhäuser von Sanierungen betroffen sind. Es wurde empfohlen, Selbsthilfegruppen zur Weitergabe von Erfahrungen einzurichten. So ergaben sich z.B. erste Ratschläge seitens Altenburgs für Mannheim.

Was noch:

  • MUTHEA aktuell steht für das wichtigste Infoportal des Verbandes. Auch 2019 trafen sich die Teilnehmer „auf eine Tasse Kaffee“ mit dem Redaktionsteam.
  • Ein umfangreiches Kulturprogramm mit Führungen durch Altstadt und Hallenhäuser, ein Orgelkonzert auf der Sonnenorgel der Peterskirche, der Besuch eines Konzertes für junge Leute und der Premiere von Beethovens „Fidelio“ rundete die Tage ab.
  • Sehr bewegte die Tagungsteilnehmer ein Besuch in der Gedenkstätte Meetingpoint Music Messiaen im polnischen Zgorzelec. Im dortigen ehemaligen Kriegsgefangenenlager litten
  • 120 000 Menschen, 10 000 davon starben. Olivier Messiaen, dort inhaftiert, komponierte unter diesen Umständen sein berühmtes Quartett „Für das Ende der Zeit“, welches auch interpretiert wurde.

Cedits

Foto: © Jens Wortmann

veröffentlicht: 1.6.2019

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