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Ein Geburtstagsgeschenk, welches nicht vom Himmel fiel
Nikolaus Knüpfer (Leipzig um 1609- 1655 Utrecht), Salomos Götzendienst, Pinsel in Braun schwarze Kreide, 480 x 365 mm

Ein Geburtstagsgeschenk, welches nicht vom Himmel fiel

„Kleine Werke – Große Namen“ – Zeichnungen aus der Sammlung Maximilian Speck von Sternburg, eine Ausstellung anlässlich des 80. Geburtstags von Wolf-Dietrich Freiherr Speck von Sternburg. Wolf-Dietrich Freiherr Speck von Sternburg wurde am 17. Februar 80 Jahre alt. Er ist der durch ein Majorat des Erblassers festgeschriebene Erbe in sechster Generation in der patrilinear organisierten Erbfolge des bekannten Leipziger Landwirts, Brauereibesitzers und Kunstsammlers Maximilian Speck von Sternburg (1776-1856).

Von Petra Kießling

Wolf-Dietrich Freiherr Speck von Sternburg eröffnete gemeinsam mit dem Kurator und Kunsthistoriker Marcus Andrew Hurttig im Museum der bildenden Künste Leipzig diese wunderbare Ausstellung mit Originalzeichnungen von der Renaissance bis zur Romantik aus der Sammlung Maximilian Speck von Sternburg. Für ihn waren die Zusammenarbeit mit Herrn Hurttig bei den Vorbereitungen für die Ausstellung, sowie mit Thomas Liebscher vom Passage-Verlag am Katalog zur Ausstellung, eine reine Herzenssache. Für jeden Liebhaber von Zeichnungen, nach der bereits vorangegangenen Ausstellung „Bernini – Erfinder des Barocken Roms“ mit Zeichnungen von Giovan Lorenzo Bernini (1598–1680), ein weiterer sehenswerter Augenöffner. Nur selten werden in Leipzig die Schätze aus den Grafischen Archiven geholt, um Kunstinteressierten gegenüber zu treten. Neben dem weltweit ausgerufenen Jahr des Lichts, könnte man in Leipzig das Jahr der Zeichnung ausrufen.

Nun wurden für die Ausstellung mit dem etwas unglücklichen Titel „Kleine Werke – Große Namen“ rund fünfzig Werke aus der aus über zweihundert zeichnerischen Werken bestehenden Sammlung ausgewählt und in den Kabinett-Räumen des Museums respektvoll präsentiert.

Auch wenn sich die Idee mit der doppelten Beschilderung für den unvorbereiteten Besucher nicht gleich von selbst erschließt, ist es ein durchwegs sinnvolles Bestreben, die Ergebnisse der Untersuchungen zur Sammlung, erfasst im Sammlungskatalog Speck von Sternburg aus dem Jahr 1998, aus der Gegenwart aufzuzeigen und den damaligen Zuordnungen des Kunstmarktes in der Mitte des 19. Jahrhunderts gegenüber zu stellen. Der Sammler verließ sich damals wie heute auf den Kunsthändler, der wiederum eben nur das Ziel des Verkaufs im Auge hatte und dann schon mal irrte und eine Zeichnung eines weniger renommierten Künstlers dem berühmten Rembrandt zuordnete…

Das tut dieser Kunst, die wir hier erleben können, keinen Abbruch, es schadet nur denen, die allzu sehr auf Namen statt auf die Qualität der Arbeiten setzten. Vielleicht hat es ja auch dazu geführt, dass man bis heute erkennen kann, dass die Qualität ein entscheidendes Merkmal für die Kunst ist und bleibt und es auch weniger bekannte Handschriften den Weg in beeindruckende Sammlungen wie diese schaffen. Als Beispiel seien hier erwähnt die mit meist bräunlichen Zeichnungen von italienischen Meistern aus dem 16. Jahrhundert oder eine Szenerie eines unbekannten Niederländischen Meisters aus dem 15. Jahrhundert, in Wasserfarben, mit Feder und Pinsel aufs Papier gebracht und mit dem Titel „Die Niederlage der Synagoge“ versehen. In einer früheren Zuschreibung erhielt dieses Werk die Autorenschaft von Jan Brueghel d. Ä. mit dem Titel die „Elf Figuren“.

Aber es kam auch zu umgekehrten Zuschreibungen. Beispielsweise die damals einem unbekannten deutschen Meister mit dem Notnamen Stüssinger aus dem 16. Jahrhundert zugeordnete Kreidezeichnung konnte der Kunsthistoriker Felix Becker bereits 1914 dem Matthias Neithard, genannt Grünewald, zuordnen. Diese Zeichnung befindet sich heute im Besitz der Staatlichen Graphischen Sammlung München.

Ebenfalls bemerkenswert sind die besonders großen Zeichnungen, die in dieser Ausstellung gezeigt werden. „Nur selten finden Zeichnungen von dieser Größe und in dieser Anzahl den Weg an die Öffentlichkeit.“ sagt Marcus Andrew Hurttig. Das ist sicher auch dem Umstand geschuldet, dass besonders Bleistiftzeichnungen, sowie Federzeichnungen sehr lichtempfindliche Werke sind und deshalb nur unter speziellem Licht gezeigt werden können. Das Museum verfügt deshalb über Spezialbeleuchtung in den Kabinett-Räumen, denn die Werke dürfen nur unter Beleuchtungsgrenzen bis zu 50 lux gezeigt werden. Die Zeichnung stellt in der Kunstbetrachtung eine direkte Verbindung zum Schaffensprozess des Künstlers oder der Künstlerin her. Von der Renaissance bis in die jüngste Vergangenheit dienten sie der Erfassung des Moments bzw. der Idee, und waren die Wegbereiter für die meistens darauf folgenden Gemälde und Skulpturen. Skizzenbücher waren und sind oft die bildnerischen Tagebücher der Künstlerinnen und Künstler. Heute arbeiten viele Künstlerinnen und Künstler beim Erfassen von künstlerisch verwertbaren Momenten mit der Fotografie und nur wenige mit dem Skizzenblock. Auch bei der Übertragungstechnik, die ebenfalls meist auf Zeichnungen zurückgingen, bedient man sich heute modernerer Methoden. Vielleicht liegen darin einige Gründe, weshalb die Zeichnung aus dem Blickpunkt der Öffentlichkeit gerückt ist.

Doch Maximilian Speck von Sternburg sammelte neben den Zeichnungen der Renaissance – wie Werke von Julius Schnorr v. Carolsfeld oder Caspar David Friedrich – mit einer besonderen Vorliebe Landschaftszeichnungen von Zeitgenossen wie Jacob Wilhelm Mechau, Christoph Nathe oder Johann Christian Reinhart, um nur einige zu nennen. Insgesamt neun Zeichnungen aus seiner Sammlung schenkte er bereits zu Lebzeiten dem Leipziger Kunstverein, zu dessen Gründungsmitgliedern er zählte und in diesem Umfeld er sich auch als Kurator ein Namen machte.

Nach seinem Tod wurden diese Werke dem Museum der bildenden Künste übergeben und zwischen 1927 und 1929 inventarisiert. Nach einer historischen Odyssee, vor allem im und nach dem Zweiten Weltkrieg, kam 1994 die Sammlung wieder in den Besitz der Familie. Seit 1996 wurde dankenswerter Weise nun die Sammlung Maximilian Speck von Sternburg von den Erben Ilse Freifrau Speck von Sternburg (1910-2012) und Wolf-Dietrich Freiherr Speck von Sternburg (*1935) als „Maximilian Speck von Sternburg Stiftung“ als unkündbare Dauerleihgabe der Stadt Leipzig dem Museum für bildende Künste übergeben. In diesem Sinne spiegelt die Ausstellung auch den konsequenten und respektvollen Umgang mit der Kunst und dem künstlerischen Erbe unserer Stadt wider.

Petra Kießling

 

Annotation

Werke von: Peter de Witte, Johann Georg Wille, Jacob Willemsz. de Wet d. Ä., Michael Wentzel, Heinrich Theodor Wehle, Anthonie Waterloo, Hans Speckaert, Salomon von Ruysdael, Rembrandt Harmensz. van Rijn, Johann Christian Reinhart, August Querfurt, Isaak von Ostade, Christoph Nathe ,Jacob Wilhelm Mechau, Valentin Levebvre, Philips Koninck, Christian Heinrich Kniep, Jan Gossaert – genannt Jan Mabuse, Palma il Giovane – eigentlich Jacopo Negretti, Franz Francken II, Jean Honoré Fragonard, Gaspard Dughet, genannt Gaspard Poussin, Lucas Cranach d. Ä., Pietro da Cortona – eigentlich Pietro Berrettini, Julius Schnorr von Carolsfeld, Polidoro da Caravaggio – eigentlich Polidoro Caldara, Peter Birmann, Johann Sebastian Bach

Ausstellung – Idee und RealisationMarcus Andrew Hurttig

Zur Ausstellung erschien ein Katalog im Passage-Verlag: „Kleine Werke – Große Namen“ – Zeichnungen aus der Sammlung Maximilian Speck von Sternburg

für 9,80 € in der Museumsbuchhandlung Wasmuth (Museumsshop) erhältlich (ISBN 987-3954-037-3)

Die Ausstellung ist vom 19. Februar bis 17. Mai 2015 zu sehen.

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